In einem Wald bei Oetwil lernen Forstarbeiter, was es alles braucht, bevor man einen Baum fällen darf.

«Baum fällt», schallt es durch den Wald. Ein orkanartiges Rauschen, dann schlägt der Stamm auf, die Erde erbebt. Auf Wunsch von Waldbesitzern und Landwirtschaftsschülern führt der Schweizer Waldwirtschaftsverband ob Oetwil einen seiner einwöchigen Kurse durch, um die Forstarbeiter auf ihre gefährlichen Einsätze vorzubereiten.
Um einen Baum sicher zu fällen, braucht es eine umfassende Vorbereitung. «Zuerst muss abgeklärt werden, wie der Baum im Gelände steht», sagt Revierförster Jakob Bodmer. Steht er in Schieflage? Oder ist die Krone einseitig ausgebildet? Bodmer weiss, wie entscheidend solche Dinge sind. «Vor ein paar Jahren ist ein junger Mann aus Grüningen bei Waldarbeiten tödlich verunglückt», erinnert er sich. Viele seien sich gar nicht bewusst, wie tückisch der Umgang mit der Säge sei.
Nichts für Draufgänger
Kursleiter Martin Hardegger hat eine Notfallplanung verteilt. «Mit den Koordinaten für den Rettungshelikopter», sagt er. Was sind diese Holzfäller für Typen? Draufgänger in kariertem Hemd und Bärenfellmütze? «Nein», wehrt Hardegger lachend ab, «wer diesen Kurs besucht, will etwas über Sicherheit lernen – über die Haudegen liest man andere Schlagzeilen.» So einfach es aussieht: Das Fällen von Bäumen geht nicht ruck zuck, sondern Schritt für Schritt – mithilfe einer Checkliste wie im Cockpit.
Bevor mit den Arbeiten begonnen wird, müssen die Wege abgesperrt werden. Doch trotz eindeutiger Verbote ignorieren immer wieder Jogger, Reiter und Spaziergänger die gesperrten Strassen. So wollte sich kürzlich eine Läuferin auf keinen Fall von ihrer gewohnten Route abbringen lassen, obwohl ihr die Bäume fast auf den Kopf krachten.
Die Motorsäge am Hals
Instruktor Peter Indergand zeigt den Teilnehmern, wie die Griffe an der Säge perfekt sitzen, wie sie ihren Körper mit der richtigen Haltung schonen und wie die Fallkerbe am Stamm angebracht wird. Dass Unfälle auch Profis passieren, hat er schon am eigenen Leib erfahren. Vor Jahren ist seine Motorsäge einmal plötzlich zurückgeschnellt, und ihre Zähne haben sich tief in seinen Hals gefressen – nur knapp an der Halsschlagader vorbei. Noch heute zeugt eine Narbe von dem Unfall.
«Daumen noch etwas nach links, gerade schneiden, Keil einsetzen» – die Anweisungen des Instruktors gelten Markus Homberger, einem jungen Holzunternehmer. Ist es nicht etwas bemühend, sich als gestandener Forstwart ständig korrigieren zu lassen? «Nein, ich bin froh, dass ich hier lerne, auch schwierige Bäume sicher zu fällen», antwortet er. «Ich merke, dass ich bisher doch einiges falsch gemacht habe.»
«Jeder Baum ist ein Wesen»
Gefällt werden Bäume, die alt oder krank sind oder eine Gefahr darstellen, weil sie völlig schief stehen und bei starkem Wind unkontrolliert zu Boden stürzen könnten. Die Forstarbeiter überlegen sich sehr genau, ob sie die Säge ansetzen wollen. «Jeder Baum ist ein Wesen mit einem eigenen Charakter», sagt Revierförster Jakob Bodmer. Und natürlich gebe es solche, die man beim Markieren ein paar Mal umkreise und sich dann entschliesse, sie doch noch ein Jahr stehen zu lassen.
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