Mittwoch, 12. Januar 2011

Holz aus Hall für Gräber in Japan


Schwäbisch Hall.  Ein echtes Erlebnis für Forstwirt-Lehrlinge: Im Commenturwald bei Sittenhardt gab es alte ehrwürdige Weißtannen zu fällen. In Ostasien werden daraus besondere Grablatten hergestellt.
Lukas Buck schnappt sich die größte der drei Motorsägen und startet sie mit einem Hebel. Die sieben PS starke Säge knattert. Der Forstwirt-Lehrling klappt das Visier seines orangefarbenen Helms herunter, setzt sich den Ohrschutz auf und geht auf die 150 Jahre alte Weißtanne zu.
Es ist ein Spezialauftrag, an dem Lukas Buck im Commenturwald bei Sittenhardt mitarbeitet. 36 Tannen werden gefällt und mit dem Schiff nach Japan transportiert. Dort wird das graue Holz zu Grablatten verarbeitet. Die hölzernen Latten, die sich in dem asiatischen Land als Beigaben neben den Gräbern befinden, haben im Grunde die selbe Funktion wie der Grabstein, allerdings sind sie nicht von so langer Dauer wie Steingrabmäler.
"Das Holz der Tannen ist widerstandsfähiger gegen Käfer oder Sturm als Fichtenholz", weiß Bernd Schramm. Der Revierleiter des Hospitalforstes, zu dem der Wald bei Sittenhardt gehört, liefert zum ersten Mal Bäume nach Japan. Durch einen Zwischenhändler wird der Verkauf abgewickelt. Warum müssen es Tannen aus Wielandsweiler sein? "Der Baum wächst im Schwarzwald und eben hier im Schwäbisch-Fränkischen Wald", so Schramm.
Derweil beginnt Lukas Buck mit dem sogenannten Beisägen des Wurzelanlaufs - die letzten Minuten für den Baum sind angebrochen. Jetzt sieht er aus wie ein Braten, dessen Anschnitt bereits gegessen wurde. "Durch das Beisägen geht das Schwert leichter durch den Baum", erklärt Schramm.
Dann folgt der wichtigste Teil der Arbeit: Lukas Buck sägt den Fallkerb heraus. Damit wird die Richtung festgelegt, in die der Baum fällt. Der Fallkerb sieht aus, als könnte man den überdimensionierten Schnitz einer Wassermelone hineinlegen.
Lukas Buck wirkt sicher mit der Motorsäge in der Hand. "Bereits nach wenigen Tagen in der Ausbildung dürfen wir mit der Säge ran", sagt Lehrlings-Kollege Max Waldvogel. Aktuell werden zwölf junge Leute im Landkreis Hall zum Forstwirt ausgebildet - sechs im Haller Hospitalforst, sechs in Crailsheim. "Forstwirt ist ein gefährlicher Beruf, deshalb dauert die Ausbildung drei Jahre", sagt Bernd Schramm. Sicherheit vor Schnittverletzungen bieten eine Schnittschutzhose sowie Schuhe und Handschuhe mit Schutzeinlagen. Der Helm mit klappbarem Visier schützt die Augen vor Ästen. Waldarbeiter arbeiten nie alleine, sondern mindestens zu zweit. Die verschiedenen Gruppen wiederum müssen doppelt so weit voneinander entfernt arbeiten, als der zu fällende Baum lang ist.
Der Forstwirt muss nicht nur sich selbst und seine Kollegen schützen, sondern auch unbeteiligte Menschen, die sich im Wald aufhalten. Bevor er einmal rund um den Baum sägt, ruft Lukas Buck deshalb: "Aaaaachtung!" Dann schlägt Max Waldvogel Keile aus Metall in den Schlitz im Baum, der sich auf der gegenüberliegenden Seite des Fallkerbs befindet. "Das gibt einen Hebeleffekt", sagt Schramm. "Aaaaachtung", ruft derweil Lukas Buck erneut. Ein paar Sekunden lang wackelt der Baum und kracht dann zu Boden.
Bevor sich die vier Azubis daran machen, die Äste des Baumes abzusägen, halten sie - so scheint es - kurz inne. Forstwirtschaftsmeister Thomas Eberhart sagt: "Man muss Ehrfurcht vor der Natur haben."

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